Bauindustrie in der Krise – Preissteigerung, Materialmangel und Lieferengpässe: Das Ende des Baubooms?

Bauindustrie in der Krise – Preissteigerung, Materialmangel und Lieferengpässe: Das Ende des Baubooms?

Jun 10, 2022

Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie erachtet die aktuelle Lage als paradox. Die Baubetriebe wollen und sollen bauen, können dies jedoch oftmals aufgrund von Preissteigerungen, Materialmangel und Lieferengpässen nicht. Ursächlich hierfür ist unter anderem der Ukraine-Krieg.

Ukraine-Krieg hat signifikante Auswirkungen auf die Bauwirtschaft in Deutschland

Eine Umfrage des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie (HDB) im Kreise der Verbandsmitglieder hat ergeben, dass fast jedes Bauunternehmen direkt oder indirekt von den Folgen des Krieges betroffen ist. Während laut Peter Hübner, Präsident des HBD, noch zum Jahreswechsel alle Ampeln für den Bau auf Grün standen und man ein Wachstum von über 5% prognostiziert hat, ist eine verlässliche Prognose unter Berücksichtigung der aktuellen Umstände für viele Baubetriebe eine Herausforderung.

Hohe Preise belasten Geschäftsklima im Baugewerbe

So berichten Bauunternehmen beispielsweise, dass Materiallieferanten nur noch tagesaktuelle Preise abgeben und eine Vielzahl keine Preiszusage mehr machen würden. Ein hohes wirtschaftliches Risiko und große Schwierigkeiten bei der Angebotskalkulation sind die Folge. Die Vereinbarung von Preisgleitklauseln mit den Auftraggebern kann bei der Kalkulation eines werthaltigen Angebotes teilweise Abhilfe schaffen, dennoch bleiben auch hier Risiken.

Unterbrechung von Lieferketten führt zu Materialengpässen

Im Geschäftsjahr 2021 hatte die Bauwirtschaft zwar bereits auch mit dem Mangel an Baumaterial zu kämpfen, allerdings hat sich die Situation durch den Ukraine-Krieg verschärft. Durch unerwartete Einsätze russischer Truppen in einzelnen Städten der Ukraine kommt es zu Produktionsstillständen in den Fabriken. Dies wiederum führt zu einer Unterbrechung der Lieferketten und somit schlussendlich zu Materialengpässen.

Reaktion der Baubetriebe: Lagerbestände erhöhen + Preisgleitklauseln vereinbaren

Eine Vielzahl von Bauunternehmen erhöhen daher ihre Lagerbestände, sodass den Finanzierungsrahmen bei den Banken eine deutlich höhere Priorität als bisher zukommt. Diese sollten unseres Erachtens nach freigehalten und nicht durch langjährige Bürgschaften ausgelastet werden. Auch kurzläufige Bürgschaften sollten diese Rahmen aus Flexibilitätsgründen nicht unnötig blockieren. Bürgschaftsrahmen sollten gerade in der heutigen Zeit über eine Versicherungslösung geführt werden.

Absicherung durch Bürgschaften der Kautionsversicherer

Durch die Notwendigkeit einer frühzeitigen Materialbeschaffung haben Baubetriebe unter anderem einen immer höheren Bedarf an Anzahlungsbürgschaften, welche erfahrungsgemäß am Markt über eine Versicherungslösung nicht leicht zu bekommen sind. Hier ist es ratsam, sich vorab mit der Auftraggeberschaft über die Möglichkeiten einer Voraus-/Anzahlung und der Absicherung dieser durch eine Bürgschaft auszutauschen. Entsprechende Regelungen hierzu sollte im Bauvertrag getroffen werden.

Kautionsversicherer passen Bedingungen an

Unsere Gespräche mit den Kautionsversicherern haben gezeigt, dass diese den Markt aktuell kritisch betrachten und vereinzelt bereits Ihre Zeichnungskriterien anpassen. Unser jahrelanges Netzwerk am Bürgschaftsmarkt kann hier Entlastung und Abhilfe schaffen. Letzten Endes ist das Bürgschaftsgeschäft ein Bankgeschäft und wird von Menschen und gegenseitigem Vertrauen getragen.

Zusammenfassend ist zu konstatieren, dass der langanhaltende Bauboom in diesem Jahr gefährdet ist und vermutlich sein Ende findet, wenn der aktuelle Trend (Lieferengpässe, Preissteigerung, Materialmangel) weiter anhält. Durch die Erhöhung der Lagerbestände kommt es neben den oben genannten Effekten und Problemen zu einer Verknappung, welche ebenfalls ein Indikator für die Preissteigerung sein kann. Da mehr als 40% der Bauunternehmen laut Felix Pakleppa, dem Geschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe (ZDB), niedrigere Umsätze als 2021 erwarten, sind die Aussichten für das Baugewerbe für das Geschäftsjahr 2022 trüb. Die aktuelle Konjunkturumfrage des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung bestätigt diese Erwartungshaltung.

Das Wichtigste im Kontext:

  • Ukraine-Krieg hat signifikante Auswirkungen auf die Bauwirtschaft in Deutschland
  • Hohe Preise belasten Geschäftsklima
  • Materialengpässe belasten zusätzlich das Geschäft
  • Reaktion der Baubetriebe: Lagerbestände erhöhen + Preisgleitklauseln vereinbaren
  • Bürgschaften über eine Versicherungslösung kann Abhilfe schaffen und Liquidität stärken
  • Bürgen beobachten den Markt kritisch
  • Bürgschaften über Vosdellen-Netzwerk möglich
  • Baugewerbe mit eingetrübten Aussichten für das Jahr 2022: Niedrigere Umsätze